Im Rahmen eines P-Seminars treten elf Schülerinnen und Schüler des Johann-Christian-Reinhart-Gymnasiums kräftig in die Pedale. Nach 360 Kilometern – Start in Ehrwald – erreichen sie den Gardasee.
Projektseminare gibt es in allen Variationen an den Hofer Gymnasien. Hier können Schüler der elften und zwölften Jahrgangsstufe ihre speziellen Talente einbringen und Erfahrungen sammeln, die ihnen im Unterricht nicht zu vermitteln sind. Ein besonders schweißtreibendes P-Seminar haben jetzt Schülerinnen und Schüler des Johann-Christian-Reinhart-Gymnasiums (JCRG) erfolgreich hinter sich gebracht: Sie legten in fünf Tagen 360 Kilometer mit dem Fahrrad zurück und bewältigten dabei insgesamt 3000 Höhenmeter, denn die Tour führte von Garmisch über Nauders, Meran und Trient bis Riva del Garda – also geradewegs über die Alpen.
Nicht, dass diese sportliche Leistung alles gewesen wäre. Die Jugendlichen bereiteten die Tour intensiv vor. „Das P-Seminar startete im September 2022, die Idee hatten wir schon im Jahr zuvor“, berichtet Christian Pflugbeil, Lehrer für Deutsch und Geschichte. Der begeisterte Rennradfahrer war die Tour, die sich an der alten Römerstraße Via Claudia Augusta orientiert, bereits zweimal gefahren und hielt sie für machbar, sofern die Schüler ihre Kondition trainieren.
Die Strecke führt zumeist über gut befahrbare Radwege und wird von vielen Radsportbegeisterten genutzt.
Radfahren gehört in Hof nicht gerade zu den bevorzugten Sportarten junger Menschen im ganz normalen Alltag. „Zu wenig Zeit, zu viele Berge, zu wenig Radwege, zu schweißtreibend“, begründen Emelie Landmeyer, Giuliana Heinrich und Denis Hörner ihre Unlust, etwa mit dem Rad in die Schule zu fahren. Mia Langheinrich sitzt gut im Sattel, weil ihre bevorzugte Sportart Triathlon ist. Die anderen stärken ihre Kondition eher beim Turnen, Tanzen oder Fußballspielen.
Dennoch nahmen 13 Schülerinnen und Schüler aus insgesamt drei Kursen an dem P-Seminar „Mit dem Fahrrad über die Alpen“ teil. Zwei absolvierten alle Vorbereitungen, konnten an der Fahrt dann zuletzt leider nicht teilnehmen.
Ein solches Unternehmen will gut vorbereitet sein. Deshalb holte sich die Truppe Fachleute vom RC Pfeil Hof ins Team. Die standen den jungen Leuten nicht nur während der Vorbereitungszeit mit Rat und Tat zur Seite. Vorsitzender Jörg Bredow und Radsporttrainer Martin Köppel begleiteten sie über die ganze Tour, ebenso wie Lehrerin Anna Metz mit Ehemann Jannik, die im Auto mitfuhren.
„Doch zunächst einmal galt es, die Etappen zu planen, das Equipment zusammenzustellen und die technischen Voraussetzungen zu schaffen“, erinnert Lehrer Pflugbeil. Seit dem Frühjahr 2023 trainierten die Teilnehmer einmal wöchentlich bei 15-Kilometer-Touren rund um den Flugplatz. Sie beteiligten sich am 7. Mai am Ci-Classics von Lamilux und am 18. Juni am Hochfranken-Cycling des RC Pfeil. Außerdem lernten die jungen Leute, wie man einen Fahrradreifen wechselt und flickt. Privates Training rundete das Ganze ab.
Am 11. September war es dann so weit: „Wir starteten früh in Hof und fuhren mit dem Zug nach Garmisch“, berichtet Pflugbeil. Helfer vom RC Pfeil hatten die Fahrräder in Anhängern untergebracht und fuhren sie mit dem Auto an den Ausgangsort der Tour. Noch am Nachmittag ging die Gruppe die Strecke an und fuhr die 25 Kilometer nach Ehrwald. Das Gepäck führte jeder mit sich. Am zweiten Tag stand gleich die härteste Strecke an, hoch nach Nauders. 110 Kilometer lang war die Tour, auf der 1600 Höhenmeter zu bewältigen waren. Und gerade an diesem Tag regnete es auch noch. Zwei der elf Schülerinnen und Schüler nutzten die Möglichkeit, einen Teil dieser anspruchsvollen Strecke im Auto mitzufahren. Von Nauders aus ging es am dritten Tag über den Reschenpass weiter nach Meran, am vierten nach Trient und schließlich nach Riva del Garda. Am Gardasee angekommen, stürzten sich die Radfahrer in voller Montur in die Fluten. Dieses Erlebnis hatte man sich verdient! Tags darauf ging es per Busshuttle und Zug zurück nach Hof.
„Eine coole Sache, die wirklich Spaß gemacht hat“, urteilt Emelie Landmeyer im Nachhinein. Und das, obwohl sie bislang nur in der Vorbereitungszeit Rad gefahren war. „Bis auf den einen Tag hatten wir ein super Wetter“, berichtet Mia Langheinrich. Man habe einen Wasserfall gesehen und viel schöne Landschaft, wenn man denn nicht nur aufs Fahren konzentriert gewesen sei. Von einer „tollen Erfahrung“ spricht auch Giuliana Heinrich. „Wir waren eine gute Gruppe. Dieses Erlebnis hat uns zusammengeschweißt.“ Übernachtet wurde nach Möglichkeit in Jugendherbergen. Auch das eine lustige Sache, die man so schnell nicht vergesse, meinen die Gymnasiasten. „Mal was anderes als Unterricht“, bemerkt Denis Hörner. Viele Radler seien auf der Strecke unterwegs gewesen, vor allem in Italien. Die Alpen habe er vorher nur vom Durchfahren mit dem Auto gekannt. Die Tour mit dem Rad zu machen, sei eine besondere Erfahrung gewesen.
„Die Kondition der jungen Leute war gut, deshalb hat auch alles super geklappt“, meint Jörg Bredow. Tatsächlich sind sich die Schülerinnen und Schüler einig, dass die anstrengenden Abschnitte durchs Gebirge spannender waren als die schnurgerade letzte Etappe an der Etsch entlang. Auch wenn es gar nicht so leicht gewesen sei, über Schotter und Wurzelgeflecht bergab zu fahren. So manchem taten da am dritten, vierten Tag die Beine weh. Trotzdem machten alle weiter und hielten aus bis zum Schluss. Abends gab es Magnesium zur Muskelentspannung. Gute Funktionskleidung habe sich bewährt, vor allem gute Radlerhosen…
Die Teilnehmer haben alles im Film festgehalten und ein Video-Tagebuch geführt. Den Abschlussfilm werden sie bei Gelegenheit in der Schule präsentieren. „Wir danken allen, die uns unterstützt haben“, sagt Lehrer Pflugbeil. Rund zweitausend Euro seien zusammengekommen, mit denen das Ganze finanziert worden sei. Neben privaten Sponsoren hätten sich auch die Schülerstiftung Von-Leitner-Grimm, der Förderverein des JCRG, der RC Pfeil, die Firma Lamilux und die Bike-Station eingebracht. Die Klassenkameraden seien gern bereit gewesen, Unterrichtsmaterial aus den versäumten Schulstunden zum Nachlernen weiterzureichen. Für Pflugbeil war die Sache ein voller Erfolg.
Was die sportliche Kondition der Teilnehmer betrifft, so habe er deutliche Fortschritte feststellen können.
(Von Lisbeth Kaupenjohann)